Zum 31. Dezember 2022 haben die Franziskaner ihr Exerzitienhaus in Hofheim geschlossen. Ein weiterer wichtiger Ort franziskanischer Spiritualität musste somit aufgegeben werden.
Entgegen der ursprünglichen Planung, das Exerzitienhaus am Rande des Taunus noch bis 2025 zu betreiben, hat die Deutsche Franziskanerprovinz ihr Franziskanisches Zentrum für Stille und Begegnung bereits zum Jahresende 2022 aufgegeben. Im Hintergrund stehen Brandschutzauflagen, die auch als Übergangslösung riesige Summen erfordert hätten. Bereits vor einigen Jahren hatte das Bistum Limburg entschieden, im Falle des Weggangs der Ordensgemeinschaft das Haus nicht zu übernehmen.
Somit erreichte das Exerzitienhaus nicht mehr sein 100jähriges Jubiläum. 1925 wurde der Grundstein gelegt, 1926 erfolgte die Einweihung. Doch bereits 1921 hatte der Gründer des Hauses, P. Remigius Schulte, mit der Sammlung der nötigen Finanzmittel begonnen, so dass die konkrete Geschichte des Hauses inklusive der Vorgeschichte bereits 101 Jahre währt. Die Inflation fraß zunächst sämtliche gesammelten Mittel wieder auf, so dass es eines zweiten Anlaufes bedürfte.
Ab dem 1. März 1940 wurde das Gebäude von den Nationalsozialisten zur Unterbringung von Baltendeutschen genutzt, ab 1943 von der „Landesfürsorgeverband Wiesbaden“ als ein Lazarett für Tuberkulosekranke der Luftwaffe. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg diente das Haus weiter als Lazarett und wurde erst 1955 nach langen Kämpfen an den Orden zurückgegeben. Nach einem Jahr der Renovierung wurde das Exerzitienhaus St. Josef wiedereröffnet. Im weiteren Verlauf erlebte es zwei weitere große Renovierungsphasen. 1979/80 erfolgte die Erweiterung mit dem Querriegel und der Bau von Aula und Kapelle; 2005/06 die Sanierung der Gästezimmer und deren Ausstattung mit eigenen Bädern. Das veränderte Konzept wurde durch den neuen Untertitel „Franziskanisches Zentrum für Stille und Begegnung“ deutlich.
Foto: Br. Natanael Ganter
Unter den Leitungen der Brüder Sigfried Klöckner, Helmut Schlegel, Claudius Gros, Markus Laibach und Stefan Federbusch wurde versucht, den Ort als Geistliches Zentrum, als Oase inmitten von Rhein-Main zu profilieren. Seit 1996 wurden die Franziskaner dabei von einem Freundeskreis von ca. 250 Personen unterstützt. Im Jahr 2001 zog das „Refugium“ als Mieter und Mitgestalter ins Exerzitienhaus ein, eine Einrichtung des Bistums Limburg für hauptamtliche pastorale Mitarbeiter:innen und Mitarbeitende der Caritas.
Das Haus wurde von vielen Gästen wegen seiner Atmosphäre, seinem großen Garten mit Labyrinth und dem angrenzenden Wald besonders geschätzt. Nicht zuletzt aufgrund seiner zentralen Lage in Deutschland diente er auch zahlreichen franziskanischen Gruppierungen der INFAG als Tagungsort. Regelmäßig trafen sich hier die Franziskanische Weggemeinschaft des Hauses sowie die Regionalgruppen des OSF und von Vivere. Regelmäßiger Kontakt bestand zum Taukreis Wiesbaden, zur Gemeinschaft pace e bene sowie zu den Franziskanerinnen von Bad Soden. Bis 2010 haben die Thuiner Franziskanerinnen in der Küche, Hauswirtschaft, Rezeption sowie im Referent:innenteam mitgearbeitet.
Mit der Schließung des Exerzitienhauses in Hofheim geht ein weiterer wichtiger Ort franziskanischer Spiritualität verloren. Am 11. Dezember 2022 verabschiedeten sich die Brüder in einer adventlichen liturgischen Feier (vgl. https://franziskaner.net/abschiedsfeier-der-franziskaner-in-hofheim/). Diese fand aus Kapazitätsgründen in der großen Kapelle der Schwestern vom Guten Hirten in Hofheim-Marxheim statt. Hierhin sind die Brüder Norbert Lammers und Helmut Schlegel gezogen, um in kleinerem Rahmen den „Geistlichen Ort Hofheim“ zu gestalten (vgl. www.geistlicher-ort-hofheim.de // https://franziskaner.net/eroeffnungsfeier-geistlicher-ort-hofheim/). Zumindest vorerst bleibt somit ein franziskanischer Anlaufpunkt vor Ort erhalten.
Br. Stefan Federbusch